Hinter den Kulissen

Wieviel Arbeit macht so eine Reise eigentlich?

Diverse Dinge muss oder will man tun und manchmal nerven sie auch.
Zum Verständnis 
Nach der Türkei spielen Visa eine nicht unwesentliche Rolle. Unser Iran-Visum gilt für 30 Tage. Das heißt ab Einreise dürfen wir uns für diesen Zeitraum im Land aufhalten, Verlängerung ist möglich, jedoch mit Aufwand verbunden und nicht garantiert. 
Für Türkmenistan gibt es nur ein sogenanntes Transit-Visum, wenn man keine Tour bei einem Veranstalter bucht. Dieses gilt nur für 5 Tage! Das nervigste daran ist allerdings, dass man bereits bei der Beantragung angeben muss, an genau welchem Tag und an welcher Grenze man ein und ausreisen will.  Damit legt man sicher also irgendwann auf einen Zeitplan fest. 
Der nächste Zeitdruck entsteht durch die geplante Route durch das Pamir Gebirge. Dort geht es auf über 4000m hoch. Logisch, dass man dort nicht erst Ende Dezember ankommen möchte. 
 
Unzufrieden 
Wie sitzen im Seven Hostel in Teheran. Gestern Abend kamen wir mit dem Bus hier an und heute wollten wir nur eben ein Paket nach Deutschland schicken, Zugtickets kaufen und eine Speicherkarte besorgen.  Einzig die Speicherkarte war unproblematisch. Der Weg zur Post war umsonst, denn das Paket wäre viel zu teuer gewesen. Das kaufen der Zugtickets war wegen Versttändigungsproblemen und Unfähigkeit des Personals eine Qual und nun sitzen wir mit anderthalb von 3 erledigten Dingen in unserem eher bedrückenden Zimmer mit Leuchtstoffröhren-Licht und hängen entweder vor Laptop oder Handy herum. 
Wir wollten doch noch dieses Bild bei Instagram posten. Bei Facebook wollten wir noch das neue Video ankündigen, diesmal aber so, dass es besser aussieht als letztes Mal. Hattest du denen schon geantwortet? Wir müssen noch schauen, wie wir dann weiter fahren. Hol mal die Karte. Ja, Moment - ich will hier nur noch eben die Route auf der Internetseite auf den neuesten Stand bringen. Die Strecke mit dem Bus muss aber eine andere Farbe haben, als der Rest.  Das Internet ist total langsam! Schon wieder ist die Festplatte voll... 
Wir wollten eigentlich ein kurzes Nachmittags-Nickerchen machen, inzwischen ist es aber auch schon wieder 18 Uhr. 
Wir sind unzufrieden. Kaum mit dem Bus in eine große, unbekannte, vermutlich spannende Stadt gefahren, keine Kilometer im Sattel schrubben müssen, und was tut man? Man organisiert, tüdelt im Netz, dies, jenes. Es ist Stress. Es macht keinen Spaß.
Wir wollen ganz viel schaffen, tun es aber nicht. Zu viel meinen wir tun zu müssen. 
Wir würden gern noch raus, kurz was anschauen um nicht nur organisiert zu haben, am besten noch in ein gutes Restaurant gehen. Achja, wir haben ja absolut keine Ahnung von der Stadt. Also guckt der eine in den Reiseführer, der andere ins Internet. 
Boah, das Internet ist sooooo langsam. Ich find' hier nichts sinnvolles zum Essen gehen in diesem Buch. Alles zu weit weg oder nur mittags offen. 
Es frustriert uns. 
 
Wir sitzen da, wollen schöne Dinge erleben und merken mal wieder wieviel Aufwand alles macht. 
 
Lass es doch einfach 
Warum filmen und fotografieren wir so viel? Dann lass den blöden Blogeintrag doch einfach! Nix da Facebook und Co! Lasst es doch einfach!
 
Wir wissen beide, dass wir es nicht sein lassen können. 
Wir müssten beide zu oft dem Drang widerstehen die Kamera zu ziehen und nicht direkt zu überlegen ob man darüber nicht etwas schreiben kann.  Es würde uns in dem Moment frustrieren uns selbst zu zügeln, nur weil es uns im Nachgang zu viel Arbeit macht. Irgendwie seltsam.  Der einzige Vergleich, der mir dazu einfällt (von dem ich aber noch nicht mal Ahnung habe) wäre der hier: Entscheidet man sich für ein Kind, weiß man ja vorher auch um all die Sorgen und Probleme. Die Freude, die es bereitet überwiegt aber. 
 
Also entscheiden wir uns FÜR diesen Stress. Das Ergebnis der Mühen erfreut uns, das wissen wir. Tolle Fotos, schöne Videos, Reaktionen auf Facebook und Instagram. Wir mögen das. Warum auch immer wir auf virtuelle Daumen und Herzchen abfahren, aber wir freuen uns drüber. 
Was es aber für die Reise bedeutet, dieses Ergebnis zu erzielen erfahren wir gerade wieder hier in Teheran. 
Man tut Dinge, die irgendwie keinen Spaß bringen, die dafür sorgen, dass andere Sachen unter ihnen leiden um ein Ergebnis zu erzielen auf das man stolz ist, was Freude bringt. 
 
Von wegen ein Jahr frei 
Es ist irgendwie schwer für uns das zu akzeptieren. Wir wollen doch aber alles! Wir haben doch schließlich ein Jahr Urlaub, so viele Verpflichtungen gibt's doch für uns garnicht, da muss doch Zeit ohne Ende sein!
 
Das stimmt aber leider nicht. Die Reise bedeutet Arbeit. Viel Faulenzen ist nicht drin. So lange irgendwo zu verweilen, bis man alle Videos geschnitten, alle Fotos sortiert, alle Sehenswürdigkeiten bestaunt und auch noch entspannt hat, können wir einfach nicht. Der Zeitplan stresst! 
 
Wir lernen also immer noch den richtigen Mix zu finden. Auch mal keine Fotos zu machen und sich später einfach dran erinnern können. 
Das gehört dazu, man kann nicht alles haben.
Und versteht diesen Eintrag nicht falsch. Wir möchten nur einen anderen Teil der Antwort geben, wenn die Frage lautet: "Wie geht's euch?"

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Kommentare: 6
  • #1

    Bettina Martensmeier (Sonntag, 03 September 2017 22:13)

    Ich frage mich auch, wie ihr es schafft, unterwegs soviel Unterhaltungsmaterial für die Daheimgebliebenen zu vollbringen. Aber verstehen kann ich es, man möchte sich ja mitteilen, das Schöne und Anstrengende teilen. Aber ich bin zumindest in Gedanken bei Euch, auch wenn ich nichts von Euch sehe oder höre.
    Entspannt Euch !!

  • #2

    Gaby (Montag, 04 September 2017 21:29)

    Ich glaube, dass ich am Anfang eurer Reise schon mal gesagt habe, dass es toll ist, eure Erlebnisse zu verfolgen.
    Aber lasst euch von diesem Gedanken, alle teilhaben lassen zu wollen, nicht so sehr von euren persönlichen Vorstellungen von dieser Reise beeinflussen.
    Schießt Fotos, macht Aufnahmen, wann immer ihr Lust dazu habt. Aber für euch.Macht euch klar, warum ihr euch aufgemacht habt. Denkt an euch und nicht so viel an die anderen.
    Genießt und speichert Erlebnisse im Kopf.
    LG

  • #3

    Betti&Jürgen (Dienstag, 05 September 2017 15:26)

    Wir können nur immer wieder "WOW" sagen... es ist für uns sehr beeindruckend, wie schnell und zielstrebig ihr vorankommt. Deshalb ist es auch ganz normal, dass nun auch mal ein Punkt kommt, wo es evtl. an Motivation fehlt, wo vieles nervt, wo man denkt "wir stecken fest" usw. Bleibt Euch treu, atmet auch mal durch und macht Euch nicht selber Druck. Der Route nach zu urteilen, sieht es doch fast wie Halbzeit aus. Oder? Manchmal ist von allem etwas weniger auch mehr. Es ist Eure Reise und sollte es auch immer bleiben. Alles was Ihr erlebt, ist wichtig und wir freuen uns alle, von Euch mal zu lesen. Weiter so... Mut, Energie, nette Begegnungen und Eindrücke und zwischendurch auch mal ein Ankommen. Viele Grüße

  • #4

    Rüdiger (Dienstag, 05 September 2017 19:28)

    “Der Mensch kann nicht nur immer in sich hineinwürgen, er muss auch von sich speien dürfen.“ (Arnold Zweig in “Der Streit um den Serganten Grischa“
    Ein sehr lesenswertes Buch.)
    Wie vor einiger Zeit schon mal gesagt: Alles was ihr macht ist richtig. Weiterhin viel Glück. Rüdiger

  • #5

    Steffen (Mittwoch, 06 September 2017 20:48)

    Kein Stress, ein Eintrag pro Tag ist völlig ausreichend.

    Und apropos Ohrwurm noch passend dazu:
    https://m.youtube.com/watch?v=_aCxdFhypRc

  • #6

    Rüdiger (Mittwoch, 06 September 2017 23:20)

    Hallo Steffen und alle da draußen, habe gerade den Song von Gisbert zu Knyphausen angehört (von Anfang bis Ende, siehe AGB zu "Ohrwurm") und muss sagen: Klasse. So viele Weisheiten in knapp 3 Minuten und dann noch LaLaLa; aber das ist eher poetisch-melodischer Füllstoff. Politiker haben da 1000 x 1000 mal mehr davon und erreichen damit gar nichts, nicht mal einen Ohrwurm.
    Zu den Weisheiten:
    - das Leben ist ein Kopfschmerz, der sehr schnell vergeht
    - verbrenne deine Zweifel
    - das Glück rennt dir hinterher (Zitat von Bertolt Brecht; übrigens auch sehr schön, aus der Drei-Groschen-Oper: das Lied über Mackie Messer; bei Gelegenheit mal reinhören)
    - der Mond glotzt und schweigt (was soll er sonst tun; er juckt sich auch nicht, wenn ihn die Hunde anbellen; einer meiner liebsten Sprüche!!)
    - das Leben haut dir eine rein... (Hinfallen ist keine Schande, aufstehen muss man!)
    Ich weiß, alles Sprüche. Aber manchmal hilft so was. Autosuggestion heißt das Zauberwort.
    Genug Gequatsche. Habt ihr den Inhalt des Fresspakets schon in Kilometer umgesetzt?
    Bis demnächst.
    Rüdiger