Adieu Pamir

Kirgisistan - 10. Oktober

 

Während unserer "Erholungswoche" in Osh (Kirgisistan) fiel unsere Entscheidung. Wir wollen die Wüstenquerung in China in Angriff nehmen. Wir wollen es immerhin versuchen.  

China. Klingt erstmal riesig für uns und dann diese riesige Wüste...  Wir haben einiges darüber gehört und auch gelesen. Und gerade das Klima im Oktober / November und der nahende Winter hat uns zeitweilig einen anderen Plan verfolgen lassen. Aber wir wollen es versuchen.

China, das Land dessen Sprachen wir nicht mal eben auf dem Fahrrad und beim çay trinken, lernen können. Dabei habe ich mich so ans kyrillische Alphabet gewöhnt und bin jedes Mal stolz auf mich, wenn ich wieder "relativ schnell" etwas entziffern konnte. Adieu! 

 

Im Taxi zurück

Wir sitzen in einem kleinen Transporter, welcher uns vom Hotel als Taxi gerufen wurde. Vom Ende des Pamirhighways in Osh (Kirgisistan) soll es in Richtung chinesischer Grenze gehen. Zurück nach Sary Tash, einem Ort den wir schon durchquert hatten. 

Unser Taxi Fahrer ist der Vater einer kleinen Familie, die gesammelt mitfährt. Emil & Emma sind nach anfänglichen Zweifeln, tatsächlich hinter uns zusammen gefercht mit jeder Menge an Gepäck. 

 

Der Vater hat gerade, wie es wohl auch hier völlig selbstverständlich ist, seine leere Getränkedose aus dem Fenster, an den Straßenrand geworfen. Das kann ich und werde ich auch nie verstehen oder akzeptieren! 

 

Aber zurück zum eigentlichen. Stefan schläft seit einigen Minuten und ich schaue aus dem Fenster. Vor mir tauchen die Berge auf, welche wir vor ca. 1 Woche verlassen haben. Es kommt mir alles so bekannt und gleichzeitig unbekannt vor. Alle paar 100m müssen wir sehr langsam fahren oder sogar anhalten da Immer noch massig Schafs- und Pferde- oder Kuhherden ihren Weg von den Bergen zurück in die Ebenen antreten. Winterabtrieb?! Vergangene Woche bot sich uns das gleiche Bild jedoch eben vom Fahrrad aus und in die andere Richtung! 

 

Stefan hat vor ein paar Tagen ein "schönes" Bild für unsere aktuelles Gefühl bzgl. der Weiterfahrt gefunden.

Wie zwei begossene Hunde die mit hängenden Ohren in einer weiten Ebene stehen und nicht wissen wohin mit sich.

Wir fühlen uns ein bisschen wie in den Tagen vor der Reise. Die Reise ins ungewisse und das Wissen nun mit dem Taxi hoch in die Berge zu fahren und uns dann einfach wieder alleine auf die Räder zu schwingen ist sehr seltsam. Wir haben ein bisschen das Gefühl ausgesetzt zu werden.

Wir wissen auch, sobald wir uns auf Emil & Emma schwingen und in die Pedale treten, ist alles gut. Aber in der Tat, fiel mir der Abschied von Ross & Alessia und auch von Lien & Anneliese gerade sehr schwer. Schließlich sind wir fast einen Monat zusammen gefahren und haben einiges zusammen erlebt. Aber wir sind uns sicher, dass wir uns irgendwo in Südostasien wieder treffen. Hoffentlich! 

 

Wir fahren gerade über unseren "letzten Pass", extrem komisch! Jetzt geht's in Schlangenlinien hinunter. Noch scheint die Sonne ☺️ ja ich habe Sorge vor Kälte und Schnee und gleichzeitig denke ich: "och, ein paar Fotos im Schnee wären auch nicht schlecht!" 

 

Gefühlte 10min später fahren wir durch Gulcha. Hier hatten wir unser zweites Frühstück! Und ich lasse meinen Blick über die Straße schweifen, irgendwie in der Hoffnung Radfahrer in Richtung Osh zu erspähen. Was ich mir davon erhoffe? Ich weiß es nicht. 

Ich meine wir sitzen hier im warmen und werden die Höhenmeter hoch kutschiert. Ich würde gerne aussteigen und den nicht vorhandenen Radlern was gutes tun. Wir haben schon öfter gesagt: "eigentlich müssten wir, wenn wir wieder daheim sind und mit einem Auto mal wieder längere Strecke fahren  IMMER eine Packung Saft und Snickers dabei haben."  Uns haben soo viele Menschen auf der Straße angehalten und uns eine Freude gemacht, dies würden wir gerne zurück geben☺️

 

Nach einer Pinkelpause fahren wir hoch auf den Taldyk-Pass (3615m). In den Dörfern davor liegen überall Schneereste. Letzte Woche waren die Berge zwar bedeckt und die Pässe hatten teilweise eine leichte Schneedecke aber ansonsten war nix mit Schnee los. Wir tuckern mit 30 - 40km die Steigungen hoch. Jetzt scheint irgendwas am Auto los zu sein. Der Vater jedenfalls ist ausgestiegen und macht irgendwas am Motor. Mal sehen. Noch sind es ca. 40km bergauf und bergab..... Aber es scheint zu laufen. 

 

 

 

In Sary Tash angekommen räumen wir alles aus, das Auto wird neu beladen und fährt weiter. Da stehen wir nun also wieder. Die Berge ringsum sind zugeschneit und der Blick gibt einen völlig anderen Ort frei. Das muss hier im tiefsten Winter echt krass hart sein. Hartes Leben. 

 

Wir beladen Emil & Emma und rollen aus dem Ort heraus. Eine Schar Kinder kommt uns entgegen. Schulschluss? Sie gehen auf der Straße, einige rufen freundlich hallo und winken, andere finden es witzig sich uns scheinbar in den Weg zu stellen. Einer fühlt sich sogar ganz groß und tritt im vorbei gehen gegen eine meiner Packtaschen! Mhmm. Ist nicht das erste Mal und es ärgert mich. Aber was soll ich tun? Drohen??? Ohne Sprachkenntnisse hat das eh keinen Sinn. 

Wir fahren noch ein Stück und machen dann, mit atemberaubenden Blick auf die Berge Mittagspause. 

"Und? Wie geht's dir so? Fühlt sich komisch an! Motiviert los zu fahren? Das Sind fragen welche wir uns gegenseitig stellen. Aber natürlich fahren wir los. Auch wenn wir am Ende des Tages nur 11km auf unserem Tacho haben. Wir genießen das gute Wetter und ein Träumchen von Schneeszenario und Bergen vor uns

 

Lena

 

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Rüdiger (Montag, 20 November 2017 20:52)

    Also, ihr habt schon jede Menge Mut! Hochachtung.�

  • #2

    Ecker (Freitag, 24 November 2017 11:54)

    Respekt ihr zwei Wüstenfüchse.Jetzt kann Stefan ,der in der Schule schon fließend russisch sprach, nicht mehr übersetzen. :-)

  • #3

    Stefan (Freitag, 24 November 2017 16:46)

    Hehe :)
    Ja genau. Mit dem Chinesisch-Angebot sah's halt leider schlecht aus am ASG

  • #4

    Viola (Sonntag, 03 Dezember 2017 19:49)

    Ja, und jetzt seid ihr schon mitten drin. Hoffe, das Frieren wird langsam weniger! Fühlt euch gedrückt!